Maginot Linie, Westwall und andere Festungsbauten 

Maginot-Linie

                                      

Die Maginot-Linie, (französisch Ligne Maginot) war ein aus einer Linie von Bunkern bestehendes Verteidigungssystem entlang der französischen Grenze zu Belgien, Luxemburg, Deutschland und Italien. Das System ist benannt nach dem französischen Verteidigungsminister André Maginot. Es wurde von 1930 bis 1940 gebaut, um Angriffe aus diesen Nachbarländern zu verhindern bzw. abzuwehren. Darüber hinaus wurde die Südspitze Korsikas befestigt.

Meist wird nur der Teil entlang der deutschen Grenze als Maginot-Linie bezeichnet, während man für die Hälfte zu Italien den Begriff Alpin-Linie gebraucht.

Die Idee einer solchen Verteidigungslinie gab es schon direkt nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1871. 1874 begannen die Franzosen mit dem Bau der Barrière de fer ("Eiserne Barriere"), die aus zahlreichen Festungen, Forts und anderen ähnlichen Bauwerken bestand.

Diese waren aber gemauert und erwiesen sich den 1890 aufkommenden Brisanzgranaten nicht gewachsen.

Die Deutschen hatten in der zweiten Hälfte des Ersten Weltkriegs die Siegfriedstellung (= Hindenburglinie) gebaut, um ihre Frontlinie zu verkürzen, um Material und Menschen zu sparen und um der zunehmenden alliierten Überlegenheit nach dem amerikanischen Kriegseintritt standhalten zu können. Die Alliierten konnten dieses Defensivbauwerk erst durch die Meuse-Argonne-Offensive (26. September bis 11. November 1918 im Verdun-Sektor) stellenweise durchbrechen. Die Maginot-Linie sollte ein ähnliches Defensivbauwerk werden.

 

Planung und Bau

 

Ein Hauptgrund für die defensive Ausrichtung Frankreichs gegenüber Deutschland lag in der Bevölkerungsentwicklung: So fiel es Frankreich aufgrund seiner stagnierenden Bevölkerungszahl bereits während der Jahrzehnte nach 1870 zunehmend schwerer, ein gegebenenfalls auch offensiv ausgerichtetes Massenheer auf einer zahlenmäßigen Höhe zu unterhalten, die es mit dem expandierenden Nachbarn Deutschland aufnehmen konnte. Horrende Kriegsverluste in den Jahren 1914-1918 – rund 1,3 Millionen Franzosen starben – verschlechterten Frankreichs Position gegenüber dem Nachbarland weiter, das mit knapp 70 Millionen fast 30 Millionen mehr Einwohner zählte als Frankreich. Unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkrieges beauftragte die französische Regierung (1917–1920 unter Georges Clemenceau) den Generalstab mit einer Studie zur Verteidigung der französischen Grenzen, um nach den Erfahrungen des Jahres 1914 gegen eine eventuelle erneute deutsche Invasion gewappnet zu sein. Die bekanntesten an der Studie Beteiligten waren die Marschälle Ferdinand Foch, Philippe Pétain und Joseph Joffre. Foch war gegenüber statischen Verteidigungssystemen abgeneigt, Joffre sprach sich für eine Lösung nach dem Vorbild der Festungen von Verdun, Toul und Épinal aus, Pétain bevorzugte eine lineare und befestigte Front.

Kriegsminister Paul Painlevé rief zwei Kommissionen ins Leben: Die Kommission zur Verteidigung der Grenzen (Commission de défense des frontières – CDF) mit dem Auftrag, die allgemeine Linienführung sowie Organisation zu planen und einen Kostenvoranschlag abzugeben, sowie die Kommission zur Organisation der Festigungsgebiete (Commission d’organisation des régions fortifiées – CORF), welche die Ergebnisse der CDF zur praktischen Umsetzung vorbereiten sollte.

Anfang 1929 wurde das Konzept der CORF vom Ministerrat angenommen. Painlevé übergab im gleichen Jahr sein Amt an seinen Nachfolger André Maginot. Maginot legte das Programm dem Parlament vor und ließ offen darüber abstimmen. Das Projekt wurde mit über 90%iger Zustimmung am 14. Januar 1930 zum Gesetz. Ausschlaggebend für die Entscheidung zum Bau der Maginot-Linie dürfte die erfolgreiche Verteidigung Frankreichs am Festungsring von Verdun gewesen sein. Diesen konnten die deutschen Truppen 1916 nicht durchbrechen. Maginot starb bereits 1932 an einer Lebensmittelvergiftung.

Die wichtigsten Teile der Linie wurden bis 1936 gebaut. Mit der steigenden Bedrohung durch das Deutsche Reich wuchs die Einsicht in die Notwendigkeit des Vorhabens. Die Kosten betrugen offiziell insgesamt 5 Milliarden alte Französische Francs. Im November 1936 galten 1000 Kilometer Maginot-Linie als fertiggestellt.

Bei den Planungen wurde die Möglichkeit eines massiven Panzerangriffs durch den potentiellen Gegner jedoch nicht berücksichtigt. Die Verteidigungsanlagen waren gemäß der Erfahrungen aus dem vorherigen Krieg eigentlich nur zur Abwehr von Infanterieangriffen vorgesehen. Als wichtigste Angelpunkte der Maginot-Linie sollten neu entwickelte Artilleriewerke mit ausfahrbaren Geschütztürmen dienen, die, mit Kanonen des Kalibers 7,5 cm und Haubitzen des Kalibers 13,5 cm bestückt, im Abstand von zehn Kilometern stehen sollten. Der Zwischenraum zwischen den Artilleriewerken sollte durch leichtbewaffnete Infanteriewerke und Kasematten geschützt werden. Insgesamt war die Verteidigungslinie mit nur 344 Geschützen und 500 Panzerabwehrkanonen – bezogen auf die Gesamtlänge – artilleristisch eher dürftig ausgestattet. Die einzelnen Anlagen sollten mit eigener Energieversorgung und Lüftungssystem ausgestattet werden. Größere Artilleriewerke hatten sogar elektrisch betriebene Feldbahnen. Bis zu 20.000 Arbeiter waren Anfang der 1930er-Jahre (während der Weltwirtschaftskrise) beim Bau der Maginotlinie eingesetzt.

Bis 1940 wurden 108 Artilleriewerke gebaut, davon fast die Hälfte an der Grenze zu Italien. Die Maginot-Linie war aber, anders als in der französischen und deutschen Propaganda dargestellt, keine durchgehende Verteidigungslinie. Vielmehr bestand sie aus einer Vielzahl eigenständiger und isolierter Befestigungsbauwerke. Die Infanteriewerke hatten Besatzungen von etwa 100 Soldaten, kleinere Artilleriewerke hatten 150–200 Mann, während in größeren bis zu 600 Mann stationiert waren.

Ein entscheidender Nachteil in der Planung der Verteidigungsanlage lag darin, dass die Maginot-Linie viel zu personalintensiv war. Eine bis zur Nordsee durchgehende Maginot-Linie hätte aufgrund des hohen Personalbedarfs einen Großteil der französischen Streitkräfte gebunden und Offensivaktionen unmöglich gemacht. Deshalb wurde die Verteidigungsanlage nur bis Sedan voll ausgebaut. Einzelne Abschnitte, beispielsweise an der Maas, waren wegen finanzieller Restriktionen ganz ohne Artilleriewerke gebaut worden. Die Abschnitte zwischen Sedan und Lauterbourg waren sehr stark befestigt, auf der Rheinseite war allerdings zu Kriegsbeginn noch nicht überall die Ausrüstung eingetroffen, so dass hier die Stellungen ungenügend ausgerüstet waren. Hinzu kam, dass die Bunkerlinie nicht überall fertig wurde. Im Jura befinden sich Kasematten, deren Schalung bis heute nicht entfernt wurde. Wegen der hohen Kosten der Werke im Elsass mussten andere Abschnitte vernachlässigt werden. Teilweise wurden sogar eiserne Schilderhäuser aus dem Ersten Weltkrieg einbetoniert und zu Beobachtungsständen umfunktioniert, wie in der Sundgau-Stellung.

Die französische Bevölkerung hatte sich nach der Verabschiedung des Milliardenprojekts sicher gefühlt und verließ sich zu sehr auf diese von öffentlicher Seite gepriesene Befestigungslinie. Initiativen anderer Politiker, offensivere Taktiken vorzubereiten, wurden nicht oder zu spät ergriffen, weil sie zunächst unter Berufung auf die Unüberwindbarkeit der Maginot-Linie abgelehnt wurden. Damals herrschte im französischen Militär eine ausgeprägte Defensiv-Haltung (während im Ersten Weltkrieg noch Offensive à outrance - Angriff bis zum Äußersten - Doktrin war).

Einer der Kritiker der Maginot-Linie war Charles de Gaulle.

 

Verlauf des Krieges an der Maginot-Linie

 

Karte der Maginot-Linie

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die deutschen Angriffsspitzen zielten beim Angriff auf Frankreich 1940 auf die Schwachpunkte der Linie. Ein Teil der Wehrmachtsverbände nahm, ähnlich dem alten Schlieffenplan aus dem Ersten Weltkrieg, den Weg durch Belgien und umging damit die gesamte Linie, während eine weitere Angriffsspitze die Linie an einem nur schwach ausgebauten Teilstück in den Ardennen entscheidend durchstieß.

Die Alliierten erwarteten, dass die deutschen Angreifer aufgrund der Befestigungen gezwungenermaßen den Weg durch Belgien nehmen würden, und verlegten einen Großteil ihrer besten Verbände nach Belgien. Als die französische 1. Armee, die belgische Armee und die British Expeditionary Force dort auf die Wehrmacht trafen, bestärkte sie das in der Ansicht, der deutsche Angriff würde wieder durch Belgien erfolgen – währenddessen die schnellen Panzerdivisionen der Deutschen unerwartet durch die kaum verteidigten Ardennen brachen und die Maginot-Linie bei Sedan umgingen. Die Masse der alliierten Armeen, in Belgien und Nordfrankreich stehend, wurde durch diesen „Sichelschnitt“ genannten Durchbruch deutscher Panzerverbände in Richtung Kanal eingeschlossen. Über 300.000 britische und französische Soldaten, die bereits bei Dünkirchen eingeschlossen waren, konnten in der Operation Dynamo über den Ärmelkanal nach England evakuiert werden (sogenanntes Wunder von Dünkirchen). Die Verzögerung des Angriffs auf die eingeschlossenen alliierten Truppen (siehe Haltebefehl) sollte sich später als ein entscheidender Fehler der Deutschen herausstellen. Frankreich musste kapitulieren, nachdem der Aufbau einer neuen Verteidigungslinie scheiterte: Die dem Land verbliebenen Kräfte waren insgesamt zu schwach.

Zerstörter Panzerturm nach der Eroberung durch die Wehrmacht im Mai 1940

 

Angegriffene Befestigungen hielten dem Bombenabwurf durch Stukas, dem direkten Beschuss mit 8,8-cm-Flak und dem Einsatz von Hohlladungen meist nicht lange stand. Häufig mussten die Besatzungen in Infanteriewerken ohne Geschütze hilflos zusehen, wie die Deutschen ihre Geschütze heranzogen und außer Schussweite französischer Maschinengewehre mit dem direkten Beschuss begannen. Der Widerstand dauerte häufig nicht länger als 48 Stunden, da dann alle MGs und Panzerabwehrkanonen (Paks) zerstört waren und die Lüftung ausfiel. Insbesondere die Lüftungen stellten sich als Schwachpunkt heraus, da sie häufig ausfielen. So kam etwa die 107 Mann starke Besatzung des Infanteriewerks von La Ferté im Abschnitt Montmédy trotz Gasmasken durch angestaute giftige Explosionsgase um. Beide Bunker hatten keine Geschütze und konnten daher von den Angreifern schnell außer Gefecht gesetzt werden. Die Franzosen waren dann in tiefere Bereiche des Infanteriewerks geflohen und dort erstickt.

 

US-amerikanische Truppen erreichen die Maginot-Linie (1944)

 

Auf vielen Werken der Maginot-Linie wehte auch nach dem Zeitpunkt der Kapitulation noch die französische Flagge – seitens der Wehrmacht wurde kein Versuch unternommen, sie einzunehmen. Die deutschen Truppen begnügten sich damit, die einzelnen Bunker und Werke voneinander abzuschneiden, die Besatzungen in ihren Anlagen einzuschließen und damit effektiv zu neutralisieren. Wahrscheinlich hätten Teile der Linie noch monatelang aushalten können, was jedoch angesichts der Besetzung Frankreichs sinnlos gewesen wäre. Einige der Kommandanten verschiedener Werke, darunter der des Four à Chaux, weigerten sich dennoch – getreu ihrem überholten und dann erkennbar sinnlos gewordenem Motto: „Und sie kommen nicht durch!“ – der Kapitulation Folge zu leisten und die Forts an die Wehrmacht zu übergeben. In einem Tagesbefehl vom 1. Juli 1940 würdigte der Oberbefehlshaber Frankreichs, General Maxime Weygand, die 22.000 verbliebenen und somit gebundenen Verteidiger der nunmehr bedeutungslos gewordenen Maginot-Linie.

 

Die Maginot-Linie heute

 

Viele Werke (frz.: ouvrage) der Maginot-Linie kann man heute besuchen – einige sind oder werden restauriert und beinhalten kleinere Ausstellungen. Darunter:

Ein Gegenstück zur Maginot-Linie erbaute Deutschland Ende der 1930er-Jahre in Form des Westwalls. Ebenfalls nach dem Vorbild der Maginot-Linie entstand von 1935 bis 1939 der Tschechoslowakische Wall.

 

Quelle: Wikipedia

 

 


 

  

 

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